#8 Eine Woche auf der Alm - oder - Backen um des Backens Willen
Eine Woche auf der Alm
Ende April durfte ich einen besondere Woche erleben. Ein Brotbackkurs auf der Alm im Rauriser Tal.
Lutz Geißler, auch bekannt unter dem Namen Plötzblog, veranstaltet regelmäßig Kurse in der Almhütte auf der Kalchkendelalm von Roswitha Huber. Lutz ist der erfolgreichste Backbuch-Autor in Deutschland, eigentlich studierter Geologe und seit über zehn Jahren im Bäckerhandwerk selbständig. Neben einer eigenen Bäckerei mit seiner Partnerin Christina Weiß, die die beiden zusammen im Winterhalbjahr betreiben, nutzt er die Sommermonate für Kurse, zum Bücher schreiben usw. In meinem Podcast war Lutz auch schon mal zu Gast. nachtschicht-podcast.de/27-auf-dem-ofenbaenkle-mit-lutz-geissler/
Eine Woche in der es nur um eins ging - das Backen. Reduziert auf das Wesentliche. Ohne Zeitdruck, ganz im Rhythmus der Sauerteige
Backen von morgens bis abends
Das Navi hat mich sicher geführt; die letzte Strecke sogar über Schotterweg. Als ich - etwas verspätet - am Sonntagabend ankam, hatte es schon leicht gedämmert und in der Backstube (dem ehemaligen Kuhstall) brannte Licht. Es sah richtig heimelig aus. Lutz zog gerade frische Croissants aus dem Ofen. Ein perfekter Start sozusagen. Die Gegend war wunderschön; immer wieder habe ich auf der Herfahrt angehalten und Fotos der schneebedeckten Berge gemacht. Nach einer gemeinsamen Brotzeit ging es am Montag morgen dann los. Es gab kein festes Programm, sondern die Teilnehmer/innen (außer mir alles "Hobbybäcker") legten fest, was gebacken werden sollte. Vom Kastenweißbrot über den Rosinenstuten aus Norddeutschland bis zum Sauerteigbrioche war das Programm bunt gemischt. Wir haben abwechselnd im Holzofen und in Haushalts-Elektroöfen gebacken. Zwischen den Schritten des Teigknetens, Formens und Backens streuten Lutz und Christina immer wieder Theorieparts ein. Vieles war natürlich für mich nicht neu, aber hier und da habe ich, vor allem, was die Theorie angeht, doch auch dazu gelernt. Beeindruckend war vor allem, dass Lutz und Christina zu fast allen Fragen eine Antwort hatten. Das hat mich echt fasziniert; zumal mich auch immer interessiert, WARUM etwas so ist, wie es ist. Und das beherrschten die beiden nahezu in Perfektion. Sie nahmen sich teilweise bis spät in die Nacht Zeit, um Fragen zu beantworten und mit uns über Sauerteig, Brotkultur und alles mögliche drumherum zu diskutieren. Dabei haben Sie immer betont, dass ihr Weg EIN Weg ist, der für sie funktioniert - dass es aber genauso andere Wege gibt, die auch funktionieren. Das war mir sehr sympathisch.
Anahand des Plans wurde es an fast allen Tagen notwendig, dass wir abends bis mindestens 22 Uhr in der Backstube waren, um Vorstufen anzusetzen, die 12 Stunden Reifezeit hatten. Das hatte ich so nicht erwartet, aber es war toll. Es war genau wie Lutz in seinem Vorwort seines tollen Almbackbuchs schreibt: "Backen um des Backens Willen". Wir haben einfach gebacken, ohne Schnick-Schnack und nach dem Rhythmus, den uns die Sauerteige vorgaben.
Kein Zeitdruck
Die ganze Woche stand im Zeichen der Entschleunigung. Nur Teige ansetzen, kneten, formen, backen. Verkosten, fühlen, riechen und schmecken. Nichts vermag mir mehr Entschleunigung zu geben als das Backen. Zugegeben: In der alltäglichen Hektik in der heimischen Backstube zwischen Telefon, Sauerteig und Ofenklingeln kommt diese doch oft zu kurz. Und genau das war das Schöne an dieser Almbackwoche - es gab keinen Zeitdruck. Keine Ladenffnunsgzeit als Deadline, keine Termine, die man irgendwie zwischen die Sauerteigstufen jonglieren muss. Wir konnten dem Teig einfach die Zeit geben, die er gebraucht hat.
Am Freitag durften wir dann noch mit Roswitha Huber backen. Sich mit ihr zu unterhalten war allein schon ein Erlebnis. Mit ihr dann Strudel zu backen und zu genießen umso mehr. Eine tolle Powerfrau voller Energie und Lebensfreude, die auch im nicht mehr so ganz jungen Alter immer noch daran interessiert ist, dazu zu lernen und neue Menschen kennen zu lernen. Die mit einfachen, klaren Sätzen so viel Weisheit ausspricht, dass man irgendwie automatisch immerzu mit dem Kopf nicken und ihr zustimme möchte.
Ich könnte noch so viel schreiben; so vielfältig und bewegend waren die Eindrücke dieser einen Woche, in der ich mich frei von allem Zeitdruck und jeglicher Hektik ganz dem Backen widmen konnte. Das, um das es eigentlich auch bei mir Tag für Tag geht, das jedoch so oft von allem möglichen Drumherum überlagert wird.
Vielen Dank an Lutz und Christina für diese inspirierende Woche mit Euch und allen anderen Teilnehmern auf der Alm. Leidenschaft zum Backen verbindet.
Ende September findet das Rauriser Brotfest statt und ich darf an einem der Holzbacköfen dort backen. Dann fahre ich wieder nach Rauris - dieses Mal mit der ganzen Familie. Ich freue mich schon jetzt und bin dankbar das erleben zu dürfen.
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