#9 Ab September ändert sich wieder was - oder - Wir gehen unseren eingeschlagenen Weg weiter
Was sich ändert
Bereits seit Januar 2022 haben wir "nur" noch an fünf Tagen in der Woche auf - im September desselben Jahres haben wir dann einige Lieferkunden aufgegeben. Und nun ändern sich ab Septemer schon wieder gleich zwei Dinge. Und zwar werden wir dienstags bis freitags von 07:00 Uhr - 18:00 Uhr öffnen und samstags nur noch auf Vorbestellung backen.
Das hört sich im ersten Moment vielleicht ungewöhnlich an, deshalb möchte ich es gerne erklären. Es ist ein vielschichtiges Thema, das man aus mehreren Blickwinkeln betrachten muss:
Was wir uns dabei gedacht haben
Bereits seit einiger Zeit haben wir für uns beschlossen, dass immer mehr zu produzieren und immer weiter zu wachsen nicht unser Weg ist. Uns war und ist immer wichtig, die beste Qualität zu produzieren, die wir können und das ist schlicht und ergfreifend nur in begrenzter Menge möglich. So manchesmal sind wir frustriert, weil wir wissen, dass wir das ein oder andere noch besser, noch frischer und noch leckerer machen könnten, wenn nicht so viele Prozesse parallel laufen würden. Denn es kommt beim Backen ohne viele Hilfsmittel auf viele kleine Details an, die man täglich nicht nur im Blick sondern vor allem auch im Griff haben muss. Die Nachfrage nach unseren Backwaren stieg in den letzten Jahren erfreulicherweise immer weiter an, sodass wir trotz der Maßnahmen, die wir schon ergriffen haben, immer wieder an Kapazitätsgrenzen stoßen. Sowohl zeitlich und räumlich als auch ganz einfach körperlich und mental. Und das ist gleich der erste Punkt: Der Betrieb läuft fast rund um die Uhr, auch wenn man das als Kunde gar nicht immer sehen kann. Der erste Bäcker fängt an manchen Tagen zwischen 22 und 23 Uhr an und die letzte Verkäuferin verlässt um 19:30 Uhr den Betrieb. Das heißt: Fast rund um die Uhr ist jemand für unseren Betrieb im Einsatz, für den wir die Verantwortung tragen. Zu jeder Zeit kann eine Maschine streiken, jemand krankheitsbedingt ausfallen oder sich bei der Arbeit verletzen - das ist auf die Dauer einfach eine große Belastung und deshalb wollen wir unbedingt weg von den frühen Anfangszeiten der Bäcker; dazu später aber noch mehr. Man könnte jetzt denken, dass wir doch einfach auch noch mehr Bäcker einstellen könnten, um mehr zu backen. Stimmt, klingt auf den ersten Blick erstmal logisch. Aufgrund der räumlichen Situation hätte dies aber zur Folge, dass wir noch früher anfangen müssten, da wir aufgrund des Platzes wenig parallel produzieren können. Außerdem sind die Bäcker, die wir brauchen, d.h. die bereit sind, mit dem Aufwand zu produzieren, den wir betreiben, vor allem hier im Ländlichen, eher schwer zu finden.
Zweitens: Die Situation hat sich bei uns speziell am Samstag dahingehend entwickelt, dass die meisten unserer Kunden nicht kommen, um eine ausgiebige Beratung zu bekommen, sondern am Samstag sind die meisten eher dran interessiert, möglichst schnell die Brötchen fürs Frühstück oder das Baguette zum Grillen einzukaufen und wieder nach Hause zu kommen. Dieser nachvollziehbare Wunsch der meisten Kunden lässt sich über ein Abholsystem deutlich besser realisieren.
Drittens: Wir wollen auch langfristig noch junge Menschen für unseren Beruf begeistern. Die junge Generation hat bekanntermaßen oftmals eine andere Priorisierung was Beruf und Privates betrifft. So erhoffen wir uns durch den Umstand, dass in Zukunft nicht mehr jede/r Mitarbeiter/in jedes Wochenende arbeiten muss eine deutliche Steigerung der Attraktivität unseres Betriebes bzw. unseres Berufes. Wir haben es gegenüber vielen anderen Branchen und Firmen oft eh schon schwerer und sind durch den sehr arbeitsreichen Samstag noch mehr unter Zugzwang. Hier braucht es neue, innovative Lösungsansätze. Gleiches gilt für die Anfangszeiten der Bäcker/innen. Zu erwarten, dass man für alle Zeit Menschen findet, die Lust darauf haben, sehr früh in der Nacht, anzufangen zu arbeiten, ist utopisch. Hier wollen wir, wie oben schon angerissen, weg von den extrem frühen Anfangszeiten.
Vierter Punkt: Die Situation hat sich bei uns personell so gestaltet, dass eine langjährige, zuverlässige Mitarbeiterin aus privaten Gründen weggezogen ist, was in unsere ohnehin eh schon dünne Personaldecke ein ziemliches Loch gerissen hat. Wir legen nicht nur Wert auf gute Backwaren sondern auch auf einen exzellenten Verkauf; das bedeutet: So kurz mal eben einen Ersatz zu finden, der ins Team passt und die entsprechenden Eigenschaften mitbringt, war und ist nicht so einfach machbar, auch wenn sich die Situation tatsächlich schon wieder etwas entspannt hat. Unsere langjährigen Verkäuferinnen aber auf Dauer über Gebühr zu belasten, weil die Personalsituation angespannt ist, ist für uns aber keine Option, was auch ein Grund dafür war, uns für diesen Schritt zu entscheiden.
Ein weiterer, der fünfte Punkt: Wir haben uns in den letzten Jahren auch fachlich und von der Einstellung immer weiter entwickelt. Das bedeutet, dass parallel zu der Entwicklung, dass die Nachfrage immer weiter stieg, wir immer mehr erkannt haben, dass unsere Vorstellung vom Backen, die sich über die Jahre auch verändert hat, immer mehr Aufmerksamkeit, Zeit und Hingabe erfordert und einem stetigen Wachstum in der Menge eigentlich entgegen steht.
Zusammenfassend kann man sagen...
..., dass der Weg, den wir vor einiger Zeit begonnen haben zu beschreiten, noch nicht am Ende ist. Wir wollen nicht weiter in der Quantität wachsen und deshalb werden wir immer wieder reflektieren ob das, was wir tun, noch dem entspricht, was wir uns unter Bäckerei vorstellen und was zu uns und unserer Situation passt. Und dann gegebenenfalls nachjustieren. Die Welt hat sich in den letzten Monaten und Jahren verändert; es wäre Quatsch zu glauben, dass man trotz dieser Tatsache, immer alles gleich weiter machen muss. Auch wir als Familie haben uns in den letzten Jahren verändert; wir haben drei wunderbare Kinder, die auch alle zu ihrem Recht kommen sollen; und zwar nicht erst dann, wenn alles andere erledigt ist. Auch hier verschieben sich in den Jahren Prioritäten. Denn der größte berufliche Erfolg ist für uns kein wirklicher Erfolg, wenn man auf der anderen Seite einen hohen Preis bezahlt. Sei es im Bereich Gesundheit, Familie oder was auch immer. Unserer Meinung nach muss man es immer ganzheitlich betrachten.
Das waren nun viele Worte, viele Erklärungen, die sich alle eigentlich auf eine Sache reduzieren lassen:
Wir backen nicht, um das große Geld zu machen. Wir backen, weil wir leckere, gesunde, unverwechselbare Brote und Gebäcke herstellen wollen. Das ist mein persönlicher Antrieb, das ist unser Anspruch und unser Ziel. Diesem hohen Anspruch Tag für Tag aufs Neue gerecht zu werden, ist richtig harte Arbeit. Wir könnten es uns an vielen Stellen viel leichter machen, aber genau das wollen wir nicht. Denn das wäre der Anfang vom Ende. Und dazu wollen wir auch noch leben. Wir sehen Qualität nicht als isolierten Begriff, der beschreibt, dass das Brot lecker ist und lange frisch hält - nein zu Qualität gehört auch z.B.: Eine gesunde Beziehung zu unseren Kindern und guter Kontakt zu unseren Kunden und Mitarbeitern. Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, lange gesund zu bleiben und wir wollen, dass auch unsere Mitarbeiter den Spaß nicht irgendwann verlieren, weil sie nicht mehr wissen, wie sie alles schaffen sollen. Einen Handwerksbetrieb zu führen ist kein Sprint, es ist ein Marathon und die Kräfte müssen eingeteilt werden.
Somit hoffen wir auf Euer Verständnis, Eure Unterstützung und Eure Treue.
Mich bewegt so vieles, was ich gar nicht so einfach schreiben kann. Wer mehr wissen möchte, darf mich gerne ansprechen.
Eure Ingmar und Tanja Krimmer
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